Anekdote #42: Alltagswunder

Mindestens einer der gefühlt vierzig Millionen unvollendeten Beiträge dreht sich um Ayis und deren Einräum-Logik.

Unsere Ayi steht manchmal grübelnd vor unseren Kleiderschränken, traut sich aber nicht zu fragen und will auch keine Hilfestellung haben. Dann überlegt sie minutenlang, ob sie ein Langarm-Shirt jetzt zu den anderen Langarm-Shirts legen soll oder vielleicht doch zu den kurzärmeligen T-Shirts oder vielleicht einfach zu den Hosen?

Ihr werdet vielleicht lachen, aber das war kein Scherz. Mittlerweile legt sie diese immerhin nicht zu den Handtüchern. Und auch das war kein Witz.

Dasselbe Phänomen habe ich auch schon bei allen anderen Ayis beobachtet. Wobei, das stimmt nicht. Zwei von denen haben das einfach irgendwo eingeräumt. Und selbst die Tolle war bei einigen Teilen überfragt, hat diese dann aber einfach nur aufs Bett gelegt und sich damit an die Anforderung gehalten. 

Ich gebe mir große Mühe, das mit Humor zu nehmen, aber es treibt mich teilweise in den Wahnsinn. Schließlich habe ich ja kein kompliziertes Farbleisystem oder sortiere nach Marken oder sonstwas. Die Taktik „Please put the stuff on the bed, I’ll put it in the closets myself“ funktioniert einfach nicht. Zumindest nicht auf Dauer. Inzwischen habe ich einfach aufgegeben.

Zwischendurch bekomme ich aber deswegen regelmäßig Anfälle. Kennt ihr das, wenn ihr dringend los müsst, und euch nur noch schnell was anderes anziehen müsst? Wenn nicht: Glückwunsch.

Ich wollte neulich noch schnell ein anderes Langarm-Shirt anziehen. Es war noch relativ dunkel und ich wollte die Herren nicht wecken. Statt einem Stapel Shirts, aus dem ich dann nur die Farbe wählen wollte, hatte ich Folgendes in der Hand: Schlafanzug-Oberteil, T-Shirt, trägerloses Shirt, T-Shirt meines Mannes, noch ein Schlafanzug-Oberteil, ein Langarm-Shirt (das ich neulich mit ein paar anderen Sachen auf einen Stapel aussortiert hatte. Dann war ich aber länger weg, als gedacht und in der Zwischenzeit hatte die Ayi alles weggeräumt) und zu guter Letzt ein Shirt, das farblich nicht zur Hose passte.

Für Letzeres kann sie ja nichts, aber ansonsten… Orrr! Das Shirt, das ich dann anzog, hatte einen Fleck, der beim Waschen nicht ‚rausgegangen war. Kein Scherz.

Das war zwar ein Extrembeispiel, aber auch gar nicht mal so extrem.

Bei den Schlafanzug-Oberteilen kann ich ja noch irgendwie verstehen, dass sie die als Langarm-Shirt einordnete. Gut, die sind viel weiter als meine anderen Shirts. Aber auch da kann ich vielleicht drüber hinwegsehen. Auch wenn mir das schwer fällt, da sie jeden Tag meinen aktuellen Schlafanzug faltet und ich nur vier oder so habe. Ich meine, die kann man sich doch gerade noch merken? Aber wie gesagt, Schwamm ‚drüber.

Kommen wir zum in der Überschrift beschriebenen Alltagswunder.

Unsere momentane Ayi ist seit September bei uns, also ungefähr knapp vier Monate. Gestern Abend haben wir das erste Mal in diesem Zeitraum Weingläser benutzt.

Nachdem sie diese gespült hatte, ist sie ohne Zögern ins Wohnzimmer gegangen und die dort in den richtigen Schrank an die richtige Stelle geräumt. Dazu muss man anmerken, dass wir die Gläser nicht in Vitrinen aufbewahren, sondern in einem normalen Schrank.

Warum weiß sie sowas dann auf einmal? Ich versteh’s nicht. Allerdings finde ich es sehr amüsant.

7 Gedanken zu “Anekdote #42: Alltagswunder

  1. :)
    Ich würde wohl an die Regalböden im Schrank kleine Zettel mit Bildern oder Fotos kleben – also von den Dingen, die dirt hin sortiert werden sollen.

    Ich selbst käme mir aber wohl sehr komisch vor, wenn jemand anders meine Kleidung wegräumt ;)

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  2. Oh goth, ich glaube ich würde wahnsinnig!

    Vor allem ist in meinem Schrank halt echt alles schwarz (ok, 98%) und wenn da nicht die Sachen so geordnet sind, wie ich es will…

    Bin ich irgendwie froh, dass unsere Ayi ausschließlich zum Putzen kommt…

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  3. Du musst das deiner Ayi halt mal richtig erklären. Chinesen sind nämlich, entgegen der landläufigen Meinung bei Expats, nicht dümmer als Europäer. Die Leute haben lediglich eine andere Logik.

    Dass das klappt beweist die Ayi, die ich mir mit meinem WG-Partner in Peking mal eine Weile lang teilte. Sie konnte sogar vom Stil der Kleidung erkennen, wem von uns ein neues T-Shirt gehört.

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    • Hey, ich hab nie behauptet, dass Chinesen dumm sind! Und weder denke ich das, noch könnte ich bestätigen, dass alle Expats das so sehen. Aber ich kann doch nicht alle Dinge, die ich für selbstverständlich halte, erklären. Zum Beispiel, dass man Babys nicht unbeaufsichtigt mit Scheren spielen lässt. Auf so eine Idee würde ich nicht mal kommen. Selbst so grundsätzliche Sachen, dass man nicht mit demselben Lappen das Klo und das Geschirr sauber macht, haben sich teilweise noch nicht herumgesprochen. Sowas kann ich vorab klären und dann hoffen, dass sie es auch wirklich macht. Aber so Aktionen wie mit der Schere halt nicht.

      So eine super Ayi hatte ich auch mal, aber sie hat leider bei einer anderen Familie einen Vollzeitjob angenommen.

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