Schnipp Schnapp, Haare ab!

Ich war beim Frisör. Und es war so aufregend! Ähm, ja. Also für mich. ;) Wem diese zwei Sätze schon zu tussi sind, der sollte ab hier vielleicht nicht weiterlesen.

Zwar bin ich kein allzu eitler Typ, dennoch hatte ich so meine Bedenken. Ich habe selbst in meiner Muttersprache meine Probleme, zu erklären, wie ich mir einen Haarschnitt vorstelle. Beziehungsweise ich denke immer, ich habe mich klar ausgedrückt – aber irgendwie schnippeln die ja dann doch, wie sie meinen. Das wird mit Sprachbarriere nicht besser.

Normalerweise bin ich da nicht so und vertraue darauf, dass die Gegenseite weiß, was sie tut. Bisher bin ich damit auch immer gut gefahren und hatte nur zwei Mal richtig desaströse Haarschnitte. Da war ich zwar noch ein Teeanager, aber beide „Unfälle” fanden vor wichtigen Anlässen statt, deren Bilder man gern immer mal wieder heraus kramt. (Ich bin über dreißig, damals, als ich noch jung war, wurden Fotos noch für eine nicht unbeträchtliche Menge Geld entwickelt. Deswegen machte man nicht zwei Millionen Fotos zwischendurch.)

Außerdem hatte ich im Vorfeld unschöne Geschichten gehört. Ich hatte mir mehrfach von verschiedenen Leuten sagen lassen, ich solle bitte UNBEDINGT zu einem Frisör gehen, der sich mit europäischem Haar auskennt. Chinesisches Haar ist wohl viel dicker, hat eine andere Struktur und überhaupt. Dazu dürfen die Frisöre wohl auch nichts ablehnen und ach… So viel zu „die Gegenseite weiß, was sie tut.” Ich war skeptisch. Sehr sogar.

Pascal bekam hier nun schon zwei Mal die Haare geschnitten, aber der ist ja auch ein Mann. Das war also keine große Hilfe. Er erzählte, dass „sein” Figaro beide Male eine Pailettenjacke getragen hätte, das war schon mal ein erheiternder Gedanke. Im Zweifelsfall bringt es mir nur leider nichts, wenn ich eine witzige Geschichte zu meiner Frisur erzählen kann. Und als Gegenleistung wegen meines Spiegelbildes unglücklich bin, weil der Mopp aufm Kopp schlimmer aussieht als zuvor.

Mir ist schon klar, dass Haare wieder wachsen. Allerdings weiß ich eben auch aus leidvoller Erfahrung (siehe oben), wie sch**** man in der Zwischenzeit aussehen kann. ;)

In einer bestimmten Mall hatte ich gleich mehrere Salons gesehen, die in Frage kämen. Jedoch wollte ich eigentlich nicht den Gegenwert der Miete auf den Kopf hauen (haha). Auch in Düsseldorf war ich nicht auf der Kö beim Promi-Frisör, sondern bei einem ganz normalen. (Ist da auf der Kö überhaupt einer? Ich hab doch keine Ahnung!)

So kam es, dass ich eine Nachbarin fragte, wo sie denn hingehe. Die sieht nämlich immer super aus und hat so tolle Haare! Da dachte ich, es wäre schon mal nicht die schlechteste Idee. Sie empfahl mir einen Laden, den ich sogar fußläufig erreichen kann. Der wäre prima und auch echt günstig.

Heute fasste ich mir ein Herz und ging dorthin. Das Gestrüpp konnte ich kaum noch mit ansehen. Das Wasser hier und meine Haare, die sind irgendwie keine Freunde… Ich weiß auch nicht. Inzwischen ist es schon besser geworden, aber seit ich in China bin, sind die immer strohig oder fettig und wurden total in Mitleidenschaft gezogen. Außerdem sind die hinten immer länger als vorne (wie geht das…?) und ach… Ich könnte stundenlang lamentieren, wie sehr es mich nervte. Dieser Frisörbesuch war so nötig!

Hier zahlt man beim Haare schneiden und so weiter verschiedene Kategorien. Anfänger sind am günstigsten, dann gibt es noch Fortgeschrittene und natürlich die absoluten Pros. Meine Nachbarin sagte, ich könne ruhig zu einer bestimmten Anfängerin gehen, das würde immer super klappen. Nun denn!

Besagte Anfängerin war zwar nicht da, aber ich sollte eine Stunde später wiederkommen, dann würde sich jemand um mich kümmern. Gesagt, getan. Der Laden war ziemlich stylish und es hingen typische Poster von Kerastase und L’Oréal aus. Dazu die Empfehlung meiner Nachbarin… Ich war vorsichtig optimistisch.

Zuerst wurden meine Haare gewaschen. Ich kenne das nur so, dass man nach hinten gelehnt an einem Waschbecken sitzt. Hier lag ich sehr tief. Erst fand ich das komisch und hatte Sorge um meinen Kreislauf (ich kann das nicht gut ab, wenn der Kopf zu weit unten ist), fand es aber wieder Erwarten ganz angenehm. Auf die darauffolgende Kopfmassage war ich mental vorbereitet, das hatte ich schon im Vorfeld erzählt bekommen. Normalerweise mag ich das, beim Frisör die Haare einshampooniert zu bekommen und so. Die „Massage” mochte ich aber nicht so recht. Meine Kopfhaut ist sehr empfindlich und ich kann manchmal deswegen sogar keine Haargummis tragen (ja– so’n Weichei bin ich!).

Das Prozedere tat zwar nicht weh, aber dass da jemand mit allen Fingern feste die Haare wusch, fand ich eher unangenehm als entspannend. Und erinnerte mich daran, wie meine Mutter früher rubbelte, wenn ich als Kind mit völlig verdreckten und sandigen Haaren vom Spielplatz kam. Naja. Nach einer Weile Herumgeknete, kam eine Kur dran und ich bekam ein heißes, feuchtes Kissen unter den Nacken geschoben. Aaaaah! „No we’re talking!“ dachte ich. Das gefiel mir!

Dann ging die eigentliche Massage los und ich fand es erstaunlich angenehm. Obwohl ich zwischendurch seeeeehr skeptisch war. Alter Schwede, hatte dieses kleine Persönchen Kraft in den Fingern! Während sie so meinen Kopf und den Nacken durchwalzte, dachte ich, ach, schau an, so fühlt sich also eine richtig durchblutete Kopfhaut an. Ob das wohl meine Hirntätigkeit anregt und mich auch super schlau macht? Zwischendurch drückte sie auch immer wieder mit Schmackes auf ein paar Punkte mitten oben auf dem Schädel. Das machte mich etwas nervös. Meine arme Schädeldecke, ob das wirklich so gesund ist….? Die wird zwar schon nicht bersten, aber ich wollte auch nicht die Erste sein, bei der das der Fall war.

Aber ich vertraute weiterhin, dass sie schon wüsste, was sie tut. Ommmmm! Dennoch kam ich nicht umhin, das merkwürdig zu finden. Allerdings denke ich nun schon den ganzen Tag daran und irgendwie hatte das was. Wer weiß, vielleicht hat die irgendwelche abhängig machenden Akupressur-Punkte gedrückt. Beim nächsten Mal kann ich mich sicherlich besser entspannen.

Anschließend wurden meine Schultern und der Nacken massiert. Sehr feste. Hatte ich erwähnt, dass dieses zarte Persönchen ganz enorme Kraft in den Fingern, speziell den Daumen, hat? Es war noch mal eine deutliche Steigerung zum Kopfbereich. Ich hatte schon beim Gedanken daran, das mal selbst auszuführen, Schmerzen in der Daumenwurzel. Äh ja, ich bin halt sehr sensibel. Naja. Aber so massiert zu werden, war einfach super und tat richtig gut.

Jetzt bin ich eigentlich zum Haare schneiden da gewesen, und nicht, um mich durchkneten zu lassen. Das wurde auch nicht vergessen. Eine Mitarbeiterin vermittelte zwischen dem Frisör und mir und ich sagte, ich hätte gerne die hinteren langen Fransen ab, sonst gerne ein Stückchen kürzer und „make it look pretty“. ;) Er zeigte mir mit den Fingern eine Länge an – das war schon viel, aber ich war dafür – und er legte los. Schnipp, schnapp, wurden meine Haare am Hinterkopf endlich wieder kürzer. Nach einer Weile war einiges ab und soweit fertig, der Frisör holte den Fön raus und machte sich ans Werk. Ich kicherte innerlich ein bisschen, weil er die Haare so adrett stylte und dachte, ich werde gleich ganz brav aussehen. Stattdessen hatte er die Haare nur angetrocknet und schnippelte fröhlich weiter.

Das ginge dann immer mal wieder so hin und her und er franste da noch ein bisschen und kürzte hier noch was und dünnte da einige Partien aus und schrägte hier was an und machte und tat. Es sah verheißungsvoll aus und ich dachte irgendwann nur noch, oh je, hoffentlich gab es nun kein Missverständnis und ich habe versehentlich den teuersten Frisör in diesem schicken Laden abbekommen. Werde ich den überhaupt bezahlen können? Oh je, oh je!

Ist das nicht irgendwie niedlich? Ich machte mir keine Sorgen um meine drastisch schwindende Haarlänge, sondern um den Preis. Denn der Scherenkönig war sehr geschickt und wirkte so souverän, das konnte doch niemals ein Anfänger sein? Dazu diese stundenlange Massage, der schicke Laden und ich bekam sogar ein Getränk und Kekse angeboten?

Irgendwann war es dann soweit und er war fertig. Ich bedankte mich mehrfach und fand meine Frisur großartig. Richtig toll! Viel kürzer als geplant, aber ich hatte ja auch nicht interveniert. Etwas nervös ging ich Richtung Kasse und hatte schon ein bisschen Angst. Meine Nachbarin hatte zwar gesagt, was das ungefähr kosten müsste, aber sie hatte mir ja eine bestimmte Mitarbeiterin empfohlen.

Tatsächlich kostete der ganze Spaß aber nur 100 RMB. (Der Euro steht momentan schlecht, deswegen sind das knapp 15 EUR.) Wow! Also WOW! Ich bin nicht sehr talentiert darin, mir die Haare schön herzurichten (da kann ich 1.000, noch so gute YouTube-Videos sehen…) und bin in den letzten Jahren vor Hochzeiten und so immer zum Frisör gegangen, damit ich halbwegs anständig aussehe. Dabei habe ich schon manches Mal bedauert, dass ich mir das nicht öfter leisten kann. Wenn man was schon nicht selbst kann, wäre es ja wenigstens nett, das outsourcen zu können.

Ich denke, hier werde ich mir das nun ab und zu gönnen, nur zum Haare waschen und stylen zu kommen. Schließlich habe ich mir eine Kaffeemaschine zugelegt und spare unglaubliche Summen, die ich nicht mehr in den Starbucks ein paar Häuser weiter trage. Wie ich mich kenne, mache ich das mit dem zum Friseur gehen eh höchstens alle paar Wochen, aber der Plan, ne? Der Plan! Der ist da! So oder so freue ich mich so sehr über meine neue Frisur und dass ich mich getraut habe. Nicht auszudenken, wie sehr ich mich geärgert hätte, wenn ich das erst gegen Ende meines Aufenthaltes herausgefunden hätte!

3 Gedanken zu “Schnipp Schnapp, Haare ab!

  1. Haha, das kommt mir bekannt vor…habe mich in Paris und Brüssel auch nicht wirklich zum Frisör getraut, nicht nur wegen der Sprache sondern ebenfalls wegen der Preise :D Aber nächste Woche muss passend zum Frühlingsanfang auch einiges runter :)

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  2. […] Ich war hier vor einiger Zeit mal beim Frisör und habe euch davon erzählt. Danach war ich so beflügelt, dass ich wenige Wochen später beschloss, mir die Haare färben zu lassen. Kurz gesagt: Es war ein traumatisches Erlebnis und ich bin noch nicht bereit dazu, da ausführlich drüber zu sprechen. Dazu muss man wissen, dass ich nicht besonders eitel bin, aber das Ergebnis war unter aller Kanone, hat meine Haare total kaputt gemacht und war dazu noch so teuer, dass ich immer noch… Nein. Ein- und ausatmen… Ich bin ganz ruhig […]

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